Martin Scorseses „Shutter Island“ – Gefangen bei M.C. Escher

This entry was posted on 13.02.2010

Martin Scorsese soll getobt haben – aber für die Berlinale ist es ein großes Glück. „Shutter Island“ hätte nämlich im Herbst anlaufen sollen, um „Oscar“-Chancen zu wahren. Nun fand die Weltpremiere in Berlin statt, wo der Film außer Konkurrenz im Wettbewerb läuft.

Der profane Grund: Geld. Filmverleih Paramount hatte für seine Blockbuster derart hohe Maketingkosten, dass „Shutter Island“ kurzfristig verschoben werden musste. Und das, obwohl in den US-Kinos schon die Trailer liefen.

Nun startet der neue Scorsese Ende Februar – zu spät, als dass der Regisseur oder sein Hauptdarsteller Leonardo DiCaprio noch nominiert werden können. Und bis 2011 laufen längst andere Streifen.
Berlinale-Chef Dieter Kosslick durfte sich indes freuen, dass er so das zentrale Werk für seine Jubiläums-Festspiele gewinnen konnte. Mit genügend Starpower, um Aufmerksamkeit zu erzielen. Aber auch weit genug entfernt vom Mainstream, als dass Journalisten der Berlinale vorwerfen könnten, als billiges Promotion-Vehikel zu dienen.

So viele Worte über das Gezerre um „Shutter Island“, aber so wenig Informationen über den Film. Eine bewusste Entscheidung: Wer sich den neuen Scorsese anschaut, sollte so wenig wie möglich über die Geschichte wissen.
Nur dies: Leonardo DiCaprio spielt US-Marshall Edward Daniels, der zu einem mysteriösen Fall in einer Nervenheilanstalt auf Shutter Island in der Nähe von Boston gerufen wird. Die Insel wirkt wie ein Hochsicherheitsgefängnis, und dennoch ist eine Patientin – die Mörderin ihrer eigenen Kinder – spurlos verschwunden.

Irgendwas ist hier faul: Der Anstaltsleiter (Ben Kinglsey) hält Informationen zurück, weitere Personen spielen eine wichtige Rolle, ohne dass Daniels herausfindet welche. Die Patienten wirken währenddessen verunsichert. Der Polizist kommt keinen Schritt voran, während er wegen eines Sturms die Insel nicht verlassen kann.
Zugleich wird deutlich, dass Daniels selber Probleme hat: Er befreite einst das Konzentrationslager Dachau, und seine Frau starb bei einem Brand. Was also ist „Shutter Island“ –Psychothriller oder doch Politkrimi?

DiCaprio jedenfalls ist brillant in diesem Film: Es wird immer faszinierender, dem Schauspieler zuzuschauen. Daran hat auch Scorsese seinen Anteil, der bereits mehrfach mit dem Titanic-Star zusammengearbeitet hat. Beide profitieren davon; das zeigt auch „Shutter Island“.

Der Film selbst glänzt durch surreale Settings. Das hat auch mit der düsteren Szenerie innerhalb der Anstalt zu tun. Man fühlt sich an Francis Bacon oder auch an M.C. Escher erinnert. Der Zuschauer weiß bald nicht mehr, was hier Wirklichkeit ist und was Fiktion. Ob man Scorsese die Geschichte am Ende abkauft, ist eine andere Sache.

Die Oscars für Regie und besten Film hätte Scorsese übrigens ohnehin nicht bekommen. Der Mann, dem diese Ehre so oft versagt worden ist, wäre wohl wieder unterlegen – die Preise gehen ohnehin an James Cameron und seinen „Avatar“.

Die Texte zur Berlinale erscheinen im Oranienburger Generalanzeiger.

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