Frank Turner und Jaakko & Jay live im Magnet in Berlin
Vor einem guten halben Jahr kannte noch kaum jemand Frank Turner – seine beiden Alben waren nur in Großbritannien erschienen, hierzulande durfte er zumindest als Support von The Gaslight Anthem auftreten. Dann nahm sich Epitaph des Sängers an, brachte „Love Ire & Song“ noch einmal raus und veröffentlichte auch die dritte Platte „Poetry of the Deed“. Und schwupps: Nun sind fast alle Shows der derzeit laufenden Tour ausverkauft. So kann es gehen.
Aber von vorne: Da gab es zunächst mal die beiden Finnen Jaakko und Jay, deren Debütalbum bei Full Steam Records (Disco Ensemble) erschienen ist. In Deutschland gibt es „War Is Noise“ erst ab Februar, aber schon bei ihrer Show im Magnet hinterließen die beiden Musiker den allerbesten Eindruck. Der eine, Jaako, spielt akustische Gitarre, singt und trägt ein Descendents-Shirt. Der andere, Jay, haut auf eine Minimalvariante eines Schlagzeugs und trägt irgendein Punkrock-Shirt.
Beide zusammen sind so ungefähr die kommunikativsten Finnen, die ich je gesehen habe: Erst erzählen die zwei unterhaltsamen Unsinn über ihre Songs, anschließend gibt es Lieder, bei denen man den Eindruck hat, sie könnten durchaus ernste Themen berühren. Macht an diesem Abend aber nichts: Hier geht es nur um Spaß. Und den haben und verbreiten sie. Die Band kommt im Frühjahr erneut nach Deutschland – nicht verpassen!
Frank Turner ist anschließend für den „seriöseren“ Teil der Show zuständig. Er hat diesmal eine komplette Band dabei (Drums, Bass, Keyboards und elektrische Gitarre), die aber für die akustischen Songs von „Love Ire & Song“ die Bühne räumen.
Turner spielt im Wesentlichen die Titel der beiden neuesten, über Epitaph erhältlichen Alben, und zwar zumeist so, wie sie auf den beiden Alben zu hören sind. Mit „Live Fast Die Old“ geht es also rockig los, für „Dan’s Song“ holt er sich einen Freiwilligen aus dem Publikum, der ihm das Mundharmonika-Solo spielt. „Long Live The Queen“ geht an diesem Abend ein bisschen unter – schade, eigentlich gehört das Lied zu Turners besten Songs (auf alle Fälle in textlicher Hinsicht). Auf „Photosynthesis“ warten an diesem Abend alle; ständig wird nach dem Lied gerufen – es kommt dann als Zugabe. Das Lied ist geboren, ein Klassiker zu werden. Kann aber auch sein, dass Turner den Song in ein paar Jahren nicht mehr hören kann.
Was an Frank Turner überrascht: Der Mann wird Ende Dezember gerade mal 28 Jahre alt, hat aber schon etliche Lieder im Programm, die sich über das Älter werden im Programm – und das sehr junge Publikum (die Älteren lassen sich wie die Punkrocker an diesem Abend an einer Hand abzählen) ist davon bereits begeistert. Sollten die nicht noch dem Idealismus frönen, den Turner mittlerweile eher skeptisch sieht? Oder hören die nur den Refrain von „Photosynthesis“? „I won’t sit down, and I won’t shut up, and most of all I won’t grow upâ€.
Der Text ist am 12. Dezember auf Waste of Mind erschienen.