Ein Konzert für Verlierer und Verbrecher: Social Distortion in der Zitadelle Spandau

This entry was posted on 22.06.2009

Mike Ness ist wohl tatsächlich der legitime Nachfolger von Hank Williams und Johnny Cash, den offiziellen Helden aller Outlaws: „Ich sehe hier eine Menge Verbrecher“, scherzt der Frontmann von Social Distortion am Freitag in der Zitadelle in Spandau. Etliche tausend Besucher quittieren das „Kompliment“ mit Jubel.

Es hat lange gedauert, bis die Gruppe solch einen Erfolg erreichen konnte. Immer wieder warfen Pausen die Gruppe zurück, meist hervorgerufen durch Drogenmissbrauch. Die Band aus Orange County, Kalifornien, wurde 1978 gegründet, aber erst 1983 erschien das Debüt-Album – und fünf Jahre später die zweite Platte. Andere Gruppen aus der kalifonischen Punk-Szene hatten bis dahin schon ein beeindruckendes Oeuvre vorgelegt und sich wieder aufgelöst.

Der musikalischen Entwicklung von Social Distortion tat diese Langsamkeit allerdings gut. In dieser Zeit entfernte sich die Gruppe um Mike Ness vom ursprünglichen Sound; Country- und Rockabilly-Einflüsse wurden immer wichtiger.

Heute stehen bei den Konzerten Rock‘n‘Roller im authentischen Fünziger-Jahre-Outfit einträchtig neben Punkfans. Sogar Metalfans gefällt‘s: Social Distortion sind Co-Headliner beim „Full Force“-Festival Anfang Juli in Roitschjora bei Leipzig.

Und allen ist egal, dass es schon wieder fünf Jahre her ist, seitdem Ness das Album „Sex, Love and Rock‘N‘Roll“ veröffentlicht hat. Danach gab es nur eine Hits-Zusammenstellung mit einem neuen Titel.

Auch beim Konzert in Berlin verzichtete die Band weitgehend auf neue Songs: „No More“ und „Can‘t Take It with You“ waren die einzigen Anzeichen dafür, dass demänchst ein neues Album erscheinen soll.

Ansonsten spielte die Gruppe ein solides Set mit den beliebtesten Titeln. ‚Prison Bound‘, ‚Story of My Life‘ oder ‚Ball and Chain‘ kamen dabei am besten an; alles Lieder, die ein ähnliches „Verlierer“-Image kultivieren, das auch Hank Williams und Johnny Cash liebten. Natürlich werden beide gecovert, Cash mit „Ring of Fire“, das auch für Social Distortion ein großer Hit war.

Einziger Wermutstropfen beim Open-Air: Weil Nachbarn sich über die Lärmbelästigung des Festivals auf der historischen Anlage beschwerten, haben die Veranstalter die Lautstärke arg herunter gedreht. Und um 21.30 Uhr war schon alles wieder vorbei – „viel zu früh für eine richtige Rock‘N‘Roll-Show“, wie Ness richtig erkannte.

Der Text ist am 22. Juni im Oranienburger Generalanzeiger erschienen.

Social Distortion kauft man am besten bei Coretex.

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