Jenseits der Klischees: Outhere Records veröffentlicht drei neue CDs aus Afrika

This entry was posted on 9.06.2010

K'naanWer an afrikanische Musik denkt, der hat meist Paul Simons „Graceland“, Miriam Makeba oder Trommeln im Sinn. Das klingt eher nach Eine-Welt-Läden und weniger nach angesagten Klängen. Dass der Eindruck falsch ist, beweist das Label Outhere Records. Der Münchner Musikverlag des Journalisten Jay Rutledge veröffentlicht seit beinahe zehn Jahren Alben mit afrikanischem HipHop und Dancefloor – Musik, die so ganz anders ist als die herrschenden Klischees. Denn die Künstler lassen sich zwar durchaus von amerikanischen Rappern beeinflussen, haben aber eine eigene Sprache entwickelt.

Jetzt – passend zur Fußball-WM in Südafrika – gibt es gleich drei neue Alben auf Outhere, die die Künstler des Kontinents ins Rampenlicht rücken könnten und die an diesem Freitag erscheinen.

Dabei ist „Yes We Can – Songs About Leaving Africa“ der Sampler, dem womöglich die größte Aufmerksamkeit beschert ist: Immerhin ist hier auch K‘Naan zu hören, der gerade mit „Wavin Flag“ in Deutschland einen Nummer-Eins-Hit hat.

„Yes We Can“ ist trotzdem alles andere als ein reines Popalbum: Die Lieder drehen sich um Auswanderung und die Schicksale der Flüchtlinge. So singt K‘Naan, der aus Somalia stammt und in Kanada lebt, in „15 Minutes Away“ darüber, wie wichtig der Geldtransfer über Western Union für Afrikaner ist.

Modenine – ein nigerianischer Rapper, der ein wenig von Eminem hat – ist wesentlich bissiger: Er hat bereits über Internet-Betrüger gerappt; in „Green Passport“ beschreibt er, wie er mit seinem nigerianischen Pass in Europa behandelt wird.

Ein weiterer Höhepunkt ist der Titel „Lidl“ von Afrikan Boy, der ebenfalls aus Nigeria stammt, aber in London lebt und dort schon mit M.I.A. gearbeitet hat. In dem schnellen, absolut Dancefloor geeigneten Track erzählt er vom Leben der Immigranten in England – und vom Ladendiebstahl in der Titel gebenden Kette.

„Ayobaness“, der zweite neue Sampler, konzentriert sich hingegen ganz auf Südafrika – „The Sound of South African House“ ist das Album untertitelt. Seit Jahren gilt die Musik vom Kap als Stilbestimmend, Kwaito wird nun auch in hippen Clubs in New York oder London gespielt.

Auf „Ayobaness“ wird besonders deutlich, wie sich afrikanische und westliche Klänge vermischen. Der Titeltrack von Pastor Mbhobho (einer Comedy-Figur wie Borat) hat typische afrikanische „Call- and Response“-Elemente zwischen dem Rapper und seinen Background-Sängerinnen.

Mujava baut seinen Song „Mugwanti/Sgwejegweje“ fast ausschließlich aus Percussion-Klängen auf. An den Songtiteln lässt sich erkennen, wie wenig die Muttersprachen der Weißen hier eine Rolle spielen. Andere Titel könnten zwar auch aus Europa stammen, aber es ist gerade dieser eigenständige Charakter der Musik, die das Album so empfehlenswert macht.

Auch poppigen HipHop gibt es in Südafrika – nachzuhören auf „Pick a Dream“ von Tumi & the Volume. Das Album wurde auf dem auf Reunion ansässigen Label Sakifo veröffentlicht und ist hier mit Hilfe von Outhere erschienen.

Der Rapper Tumi Molekane und seine Band präsentieren elf sehr schöne, für den Sommer bestens geeignete Popsongs. Hier werden europäische Hörgewohnheiten am ehesten bedient – spannender sind aber die beiden Sampler.

Der Artikel erscheint am 9. Juni im Oranienburger Generalanzeiger

Schreiben Sie einen Kommentar