Ein toller Entertainer: Walter Schreifels im Festsaal Kreuzberg

This entry was posted on 24.05.2010

In den vergangenen Jahren war Walter Schreifels eine feste Größe in Berliner Clubs – ob als Headliner, als Support oder auch auf der Bühne zum Myfest am Coretex. Kein Wunder, lebte das Ex-Mitglied von Gorilla Biscuits, Quicksand, Rival Schools, Walking Concert und noch einigen Bands mehr doch zeitweilig komplett in der Stadt. Währenddessen arbeitete er an seinem Solo-Album „An Open Letter To The Szene“. Das ist nun seit einigen Monaten veröffentlicht, und Walter – der mittlerweile wieder hauptsächlich in New York lebt – beendet seine Tour natürlich in Berlin, im Festsaal in Kreuzberg.

Aber zunächst gibt es Atlantic/Pacific, das auch nicht mehr ganz so neue Projekt von Garrett Klahn (Texas Is The Reason) und John Herguth (House & Parish). Sergie von Samiam ist offenbar nicht mehr in der Band.

Die beiden stehen vorn am Bühnenrand, mit akustischer und elektrischer Gitarre in der Hand, einem Keyboard dazu und einem iBook und spielen Musik, die höchst reduziert ist. Nicht, was die Zahl der Sounds angeht – hier dürfen sich diese Klänge nicht voll entfalten. Irgendwann, es ist wohl der dritte Song, taucht eine tolle Keyboard-Melodie auf, und man möchte Garrett zurufen, er soll nun endlich aus vollem Hals los singen. Vermutlich wären Atlantic/Pacific dann schöner Pop a la Crosby, Stils, Nash & Young. Wir rufen nicht, Garrett murmelt weiter, und wir gehen raus.

Bei Walter Schreifels gibt es solche Momente nicht. Der Mann ist ein begnadeter Entertainer und könnte auch einen Spoken Word Abend unterhaltsam und kurzweilig gestalten. Walter gibt beim Singen alles, auch höchste Töne, auch wenn er die nicht wirklich trifft (was ihm natürlich voll bewusst ist).

Der Sänger ist diesmal mit voller Band unterwegs, inklusive Arthur Smilios von Gorilla Biscuits am Bass und John Herguth am Keyboard. Zwischendrin spielt Walter aber auch solo und akustisch, wie man es zuletzt gewöhnt war. Für „Let’s Start Today“ von Gorilla Biscuits holt er Arthur auf die Bühne, den er einst als „wagon boy“ in einem Supermarkt kennengelernt hatte.

Im Vordergrund steht derzeit aber die Band, die Walters Sound in einen leichten Indierock verwandelt voller Pop- und Hardcore-Referenzen. Er vermischt Sick Of It All und The Smiths (wobei das Publikum sich über The Smiths mehr freut als über SOIA). Er scherzt darüber, dass so ziemlich jede Hardcore-Band über den Verrat durch Freunde gesungen hat, zitiert aber auch den Pop-Song „I Just Died In Your Arms Tonight“. Und zum Abschluss spielt Schreifels „The Kids Are Alright“ von The Who, was eine sehr gelungene Wahl ist. „Thorn in My Side“ von Quicksand gibt es zwischendrin auch noch, aber das ist ein bisschen schwieriger zu spielen als Indiepop.

Auf eine Quicksand-Reunion würde ich mich also weiter freuen. Aber mit so einer Show darf Walter, der im Sommer wieder für einige Monate in Berlin ziehen will, gerne erneut ständiger Gast auf den hiesigen Bühnen sein.

Dieser Artikel ist erschienen auf Waste of Mind.

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