Berlinale: „Shahada“ von Burhani Qurbani will den Islam erklären – und beeindruckt

This entry was posted on 17.02.2010

Es gibt Filme, die machen eine unglaubliche Karriere: „Shahada“ von Burhani Qurbani ist so einer. Eigentlich war der Streifen nur als Abschlussarbeit für das Studium an der Filmakademie Baden-Württemberg gedacht. Stattdessen durfte der Regisseur seinen Spielfilm im Wettbewerb der Berlinale vorstellen. Und es ist durchaus möglich, dass Qurbani am Sonnabend einen der Bären in die Hände nimmt.

Dabei hatte sich der Regisseur, dessen Eltern 1979 vor den anrückenden Sowjettruppen aus Afghanistan geflohen waren, ein riskantes Projekt ausgesucht. Es geht in „Shahada“ nämlich um nicht weniger als den Islam. Dann ist der Film auch noch episodisch angelegt. Daran können auch erfahrene Regisseure scheitern. Doch Qurbani meistert die Herausforderung – wie auch anschließend die Pressekonferenz, in der er deutschen Journalisten seinen Glauben erklären soll.

Drei Geschichten verzahnt der Regisseur hier – und das ebenso eindringlich wie souverän. Da ist zunächst die Schülerin Maryam (Maryam Zaree), die ihr Baby abgetrieben und nach den Komplikationen religiöse Wahnvorstellungen hat.

Der Polizist Ismail (Carlo Ljubek) trifft nach längerer Zeit Leyla (Marija Skaricic) wieder: Bei einem Einsatz hatte er sie versehentlich angeschossen; die Bosnierin verlor daraufhin ihr Kind. Nun sucht er Erlösung – scheinbar für sie, vor allem aber für ihn.

Und da gibt es den aus Nigeria stammenden Samir (Jeremias Acheampong), der bei der Arbeit Daniel (Sergej Moya) kennenlernt und sich verliebt.

Wie kann ein Muslim seinen Glauben im weltlichen Deutschland leben? Das ist die zentrale Frage der drei Geschichten. Maryams Vater Vedat (Vedat Erincin) hat für sich die beste Lösung gefunden: Er ist ein überaus toleranter Iman, der zugibt, dass ihm seine Tochter besser gefiel, als sie noch nicht dem religiösen Fundamentalismus verfallen war. „So wünsche ich mir einen Iman“, erzählt Qurbani, der sich in der Pressekonferenz andererseits darüber ärgert, dass das Klischeebild eines islamischen Geistlichen ein Hassprediger sei. „99,9 Prozent aller Imane sind das aber nicht.“

Samir hat schwerer mit seinem Glauben zu kämpfen, in dem gleichgeschlechtliche Liebe verpönt ist. Maryam hält die Komplikationen nach der illegalen Abtreibung für Gottes Strafe: Für sie gibt es plötzlich kein Grau mehr, keine Anpassung des Glaubens an die Realität.

Für sich selbst hat Qurbani eine ganz abgeklärte Einstellung zu seinem Glauben gefunden. Als er die Wahl hatte, ob er die Aufnahme ins Berlinale-Programm mit Sekt oder Selters feiern wollte, hatte der Muslim sich schnell entschieden: für Sekt.

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