Abstiegsplatz statt Champions League – Hertha BSC Berlin und die SPD

This entry was posted on 2.10.2009

Der Vergleich ist wenig schmeichelhaft – die Frage ist nur, für wen. Aber wer am Sonntagabend die Bundestagswahlen und parallel dazu die Bundesliga verfolgt hat, kommt nicht um diese Analogie herum: Hertha BSC Berlin ist die SPD des deutschen Fußballs. Oder die SPD die Hertha der Parteienlandschaft – wie man möchte. Abstiegsplatz bleibt Abstiegsplatz, ob im Olympiastadion oder in der Wahlkabine.

Dabei hatten beide mal mit einem Aufschwung gerechnet. Die SPD kam lange Zeit nicht an Helmut Kohl – der FC Bayern München der Politik – vorbei, egal, wie der mit seiner überalterten Mannschaft schwächelte. Dann kam ein neuer Trainer, Gerhard Schröder, und den Genossen gelang ein sagenhafter Aufstieg. Vom grauen Mittelfeld in die Champions League.

Und Hertha? Der Verein dümpelte ebenfalls im Niemandsland der Bundesliga herum. Dann kam der Schweizer Trainer Lucien Favre, der schnell zum Star aufstieg und die Mannschaft in der vergangenen Saison in die Champions League führte. Nun gut, zumindest fast. Einen kurzen Frühling lang glaubte halb Berlin sogar an die Meisterschaft.

Der Aufstieg endete mit dem Rückzug der Stars der Mannschaft: Bei der SPD verdrückte sich Oskar Lafontaine sehr bald, nachdem er Finanzminister geworden war. Bei Hertha war Marko Pantelic am Ende der Saison 2008/09 nicht mehr erwünscht.

Kein ernsthaft denkender Mensch kann Fan einer der beiden Herren sein. Der eine ist eine Mimose, die gerne im Strafraum umfällt und dann lamentiert. Der andere kritisiert lieber und bleibt den Beweis schuldig, dass sich seine (gut klingenden) Ideen auch in die Wirklichkeit umsetzen lassen.

Auf solche Mitspieler würde man gerne verzichten. Allein: Was übrig bleibt, sind zwei graue Mäuse. So wird’s schwierig mit der Champions League.

Nun geschieht bei beiden, was nach bösen Niederlagen in Sport und Politik die Regel ist: Weil sich Mannschaft oder Parteiprogramm nicht nach Belieben austauschen lassen, müssen eben die Führungsköpfe dran glauben.

Frank-Walter Steinmeier wird noch gebraucht, der ist zu neu. Deswegen geht nun der „Manager“ Franz Müntefering – der, man ahnt es schon, Dieter Hoeneß der SPD. Stattdessen soll es die zweite Reihe richten, Sigmar Gabriel und Andrea Nahles. Ob die dazu in der Lage sind?

Hertha BSC immerhin muss nur aushilfsweise auf die eigene zweite Garnitur, auf Amateur-Trainer Karsten Heine, setzen. Schon sehr bald dürfte ein neuer Trainer da sein. Die Sozialdemokraten können das nicht. Die Vorstellung ist trotzdem schön: Steinmeier ruft bei Karl-Theodor zu Guttenberg oder bei Ursula von der Leyen und bittet darum, den Laden mal gehörig aufzumöbeln – „Sie sind doch grad so erfolgreich, wollen sie uns nicht zeigen, wie das geht?“

Tatsächlich fehlt beiden – Partei wie Verein – der Inhalt. Bei Hertha haben die übrig gebliebenen Spieler nicht die Qualität, um ganz oben in der Bundesliga mitspielen zu können. Platz 18 hat Hertha sicherlich nicht verdient, Platz 4 aber genauso wenig.

Und auch die SPD müsste eigentlich eine wichtigere Rolle spielen, als ihr die Wähler am Sonntag zugestanden haben. Momentan aber finden sich die Bürger in der Sozialdemokratie nicht wieder: Die vielen Verlierer der vergangenen Jahre hoffen darauf, dass die toll klingenden Ideen von Lafontaine vielleicht doch Wirklichkeit werden können, und wählen links. Oder gar nicht mehr.

Und die früher sozialdemokratisch gesinnten Bürger, die nicht von Hartz IV geschunden sind, finden sich eher bei den Grünen wieder. Oder gleich bei der Kanzlerin, die deshalb bisher auf eine wirtschaftsliberale Keule verzichtet hat.

Bis die SPD in die Champions League der deutschen Parteienlandschaft zurückkehrt, dürfte es deshalb noch lange dauern.

Die Kolumne „Diese Woche“ erscheint jeden Samstag im Oranienburger Generalanzeiger.

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