Ne richtich jute Sache – Icke & Er über ihr Benefiz-Festival in der Zitadelle

This entry was posted on 13.07.2009

Mit „Richtig geil“ hatten Icke & Er vor einigen Jahren zumindest in Berlin einen echten Hit. Aber schon 2008 hängte das Rap-Duo die Karriere an den Nagel. Jetzt aber haben die beiden Musiker, die ihre Identität geheim halten wollen, ein Benefizfestival auf die Beine gestellt – „schöner als Live-Aid“, wie sie behaupten. „Ein Hartz für Berlin“ findet am Sonntag, 19. Juli, ab 19 Uhr in der Zitadelle Spandau statt. Mit dabei sind unter anderem Bela B., Sido und Peter Fox. Der Erlös geht an die Berliner Tafel, die Lebensmittel an Bedürftige und deren Kinder verteilt. Ein Interview mit Icke über das Festival.

Manche Stars gehen ins Dschungelcamp, um bekannter zu werden, andere sterben. Und wieder andere machen wohltätige Dinge. Wie kamt ihr zu einem Benefizfestival?

Icke: Der, der da gestorben ist, war ja vorher schon bekannt. Wir promoten jetzt kein neues Album oder unsere neue Fernsehserie, sondern wir haben uns im Winter bei sehr kaltem und schlechtem Wetter gesagt „Wir könnten jetzt ja mal was tun“. Wir hatten ein paar Ideen, und bei der, wo wat Jutet rumkommt, sind wir hängen geblieben.
Man bekommt ja auch viel mit: Die Finanzkrise war nicht zu übersehen – ich hatte allerdings schon immer Finanzkrise, deswegen hat mich das jetzt nicht so überrascht. Dann hatten wir uns gedacht, dass wir ein paar von den Leuten anrufen, die wir in unserer kurzen Karriere – die hatten wir im Jahr zuvor beendet – kennengelernt haben. Die Reaktionen waren sehr positiv. Charity finden die meisten sehr doof, aber viele glaubten, dass das bei uns was Besonderes und Lustiges werden könnte. Damit sind wir nun seit vier oder fünf Monaten rund um die Uhr beschäftigt, damit das ein besonderer Abend wird. Wenn dabei auch noch Geld rumkommt – Top!

Aber ernsthaft gefragt: Ist es nicht ärgerlich, dass Künstler für den Staat einspringen müssen? Sollte die Berliner Tafel nicht vom Senat unterstützt werden?

Icke: Vollkommen richtig. Uns freut, dass es zu diesem Thema eine Diskussion gibt, auch im Zuge unserer Veranstaltung. Fakt ist, dass es in Berlin Menschen gibt, die nicht genug zu essen haben. Dazu gehöre Icke nicht und Er auch nicht, aber man bekommt es in der Nachbarschaft mit. Wir sind nicht der Staat und können sagen, dass das Militär abgeschafft und der Kapitalismus eingeschränkt wird, und was wir dabei sparen, geht in die Sozialhaushalte. Wir sind nur Musiker. Aber wir können trotzdem ein Zeichen setzen.

Wie schwer war es, Künstler zu gewinnen? Sido etwa, Bela B. oder Peter Fox?

Icke: Viel einfacher, als man sich das vorstellt. Bei Sido zum Beispiel ist seine Mutti total begeistert. Seine Mutti redet ihn natürlich nicht mit Sido an, sondern mit seinem bürgerlichen Namen. Aber die sagte: „Junge, ditt musste machen. Das ist ne richtich jute Sache!“ Bela B. kennen wir schon lange. Den hatten wir als Ersten angesprochen, weil wir dachten, wir brauchen einen starken Partner, der das mit uns präsentiert. Peter Fox hat von uns eine Mail bekommen, und 20 Minuten später kam die Antwort: „Ich bin dabei.“ Wenn man eine gute Idee hat, gehen solche Dinge manchmal ganz einfach.

Habt ihr denn auch böse Absagen bekommen?

Icke: Es gab nur eine Absage von einer sehr bekannten Band, die etwas Großes vorhat und dafür monatelang probt. Die hatten keine Zeit. Das konnten wir auch verstehen. Ansonsten kommen alle, die wir kennen, und bringen teilweise noch Leute mit, die wir nicht kennen.

Verzichten alle Künstler auf die Gagen und andere Annehmlichkeiten, oder bekommt die Berliner Tafel nur das, was übrig bleibt, nachdem die Lachsbrötchen gegessen und der Schampus getrunken ist?

Icke: Schampus können sich alle gerne mitbringen. Das Catering wird von der Berliner Tafel ausgerichtet. Das war uns wichtig, um zu zeigen, dass das sehr lecker ist und dass wir nicht unnötig Geld verbrennen, das wir für was Vernünftiges gebrauchen können. Also, ja: Jeder spielt ohne Gage. Manche wohnen nicht in Berlin und brauchen ein Zimmer. Das wird von uns natürlich bezahlt. Aber es gibt keine Gage, und der gesamte Erlös geht an die Berliner Tafel.

Auf welchen Erlös hofft ihr denn?

Icke: Das ist schwer zu kalkulieren. Es gibt die normalen Karten für 28 Euro. Und für die Hartz-IV-Empfänger gibt es Karten für fünf Euro. Mehr als 10 000 Besucher dürfen wir insgesamt nicht reinlassen. Die Tafel braucht dringend neue Transporter. Und ich hoffe, dass wir Geld für zwei oder drei Autos bekommen. Aber man weeßet nich…

Was können wir musikalisch erwarten? Spielt dann Sido mit Michael Hirte und Bela B. mit Peter Fox?

Icke: Jenau. Also beides und nochmal andersrum. Wir haben sehr viele Künstler, die teilweise noch geheim sind. Deswegen haben wir die Bühne so als eine Art Spielwiese für Musiker gestaltet. Jede Band, die bei uns auftritt, spielt ordentlich lange und dann kommen die nächsten. Vielleicht machen die dann auch was zusammen. Ein paar Welturaufführungs-Duette sind auch geplant, aber die wollen wir noch nicht verraten. Sonst muss man da nicht mehr hingehen.

Nehmt ihr auf und veröffentlicht eine DVD?

Icke: Das ist dann schon schwieriger. Aber wir filmen natürlich und überlegen uns dann, was wir damit machen.

Was singt Klaus Wowereit an dem Abend?

Icke: Das wissen wir selber noch nicht. Wir hoffen, er weiß es aber schon. Als Politiker hat er natürlich sehr viele Termine. Wir sind froh, dass er unser Schirmherr ist, anfangs dachten die Leute nämlich, das Festival sei nur Quatsch. Es soll ja auch Spaß machen. Aber das Ergebnis ist doch sehr ernst. Deswegen sind wir über Klaus Wowereit sehr froh und hoffen, dass er kommt.

Und wann geht ihr dann ins Dschungelcamp?

Icke: Wenn du dich mit unserer Karriere beschäftigt hättest, wüsstest du, dass ich schon vor anderthalb, zwei Jahren gesagt habe, dass uns in drei Jahren diese Atzen vom Dschungelcamp anrufen und wir Kakerlaken essen sollen. Wenn ich sagen würde, 2012 sind wir dabei, würde ich mehr als wortbrüchig werden.

Der Text ist am 13. Juli im Oranienburger Generalanzeiger erschienen.

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